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Mein Werkzeug... oder wie die Bilder entstehen

Zwar sind Insekten, wie ja bereits erwähnt, schon immer meine Welt, aber diese abzulichten, kam mir eigent­lich nie in den Sinn. Vor allem weil ich die analoge Zeit bei meinem Vater erlebt hatte und mir das alles irgend­wie zu kompliziert erschien. Erst als das digitale Zeitalter anbrach, keimte in mir die Idee auf, mich damit beschäftigen zu wollen.

1. Die Technik

Die Entscheidung für mein erstes Kameramodell fiel bei mir aber nicht wirklich durch ein Vergleichen der sich derzeit auf dem Markt befindlichen Angebote, son­dern lediglich aufgrund dessen, daß mein Arbeits­kollege schon eine solche Kamera besaß und mir diese quasi schmackhaft machte. Es handelte sich dabei um eine EOS 350D des japanischen Herstel­lers Canon.

Im Nachhinein gesehen, war das allerdings eine sehr gute Entscheidung, denn die Wahl des ersten Kamera­modells stellt für einen Fotografen meist die Weichen für sein restliches Fotografenleben.

Canon EOS 350D

Einmal einen Hersteller gewählt, ist es nämlich häufig sehr schwer und meist auch sehr preisintensiv diesen wieder zu wechseln. Vorhandene Objektive und diverses Zubehör kann man zusammen mit Kameras anderer Hersteller meist nicht mehr einsetzen - und so ist man halt "für immer" festgelegt.

Da das zur Kamera mitgelieferte Kit-Objektiv aber eher nicht für die Makrofotografie taugte, mußte ich mein neues Baby noch ein wenig aufrüsten. Ich entschied mich aber die Sache gleich richtig anzupacken. Anstatt erst mit Zwischenringen oder Nahlinsen herumzuexperimentieren, legte ich mir lieber gleich ein richtiges Makroobjektiv zu.

Canon EF 100mm

Meine Wahl fiel auf das damals überall hochgelobte EF 100mm f/2,8 Makro USM von Canon.

Und auch diese Entscheidung war rückwirkend be­trachtet goldrichtig - selbst nach nun fast 5 Jahren bin ich immer noch begeistert davon.

Nur einmal mußte es bisher repariert werden, was aber ehrlich gesagt kein Wunder ist, wenn man be­denkt, welchem Sand und welcher Feuchtigkeit es im Laufe einer Makrosaison bei mir so ausgesetzt wird.

Innerhalb einer Makrosaison lernte ich dabei schnell, daß mit dieser Kombination zwar freihand schöne Bilder zu machen waren, aber über kurz oder lang nur sehr, sehr wenige davon an die von mir auf vielen Naturfotografie-Seiten im Internet gesehenen "Makros" herankamen.

Nach sehr viel verbrachter Zeit im Makro-Forum erkannte ich, daß mir dafür wohl noch ein wenig das Know-How fehlte. Mein erster Fehler war, die Insekten immer im grellen Tageslicht zu fotogra­fieren, was natürlich - jetzt bin ich ja auch schlauer - zu meist sehr unschönen harten Kontrasten und damit oft einhergehenden Überstrahlungen (in den hellen Berei­chen) oder zu "abgesoffenen" Stellen (in den dunklen Bereichen) führt.

Ok, Problem erkannt und die Lösung lag auch auf der Hand. Ab sofort wurde am besten bei bewölktem Himmel und damit sehr diffusen Licht, im Schatten, oder am Morgen und am Abend fotografiert, wenn das Licht nicht ganz so hart ist. Außerdem legte ich mir noch einen Falt-Diffusor zu, der mir helfen sollte, das Licht auch bei voller Sonne erträglich zu machen.

Faltdiffusor

Doch mit dem Ändern der Helligkeitsverhältnisse kam ich nun gleich zum nächsten Problem. Mit weniger vorhandenem Licht werden gleichzeitig die benötigten Belichtungszeiten länger und irgendwann reichen sie dann nicht mehr aus, um freihand noch verwacklungsfreie Fotos machen zu können - besonders bei weniger offenen Blenden können das im Makrobereich schnell Werte bis zu einer Sekunde werden!

Zwei Unruheherde galt es nun deshalb zu umschiffen - erstens die Bewegung vor der Kamera und zweitens die Bewegung der Kamera selbst. Zu den fast nie stillhaltenden Motiven, mit denen man es zwangsläufig bei dieser Art der Fotografie zu tun hat, kommen wir später. Jetzt geht es erst einmal um die Technik und da ist das A und O einfach immer für genügend Stabilität zu sorgen.

Stativ und Zubehör

Bei der Arbeit direkt am Erdboden nutze ich seit dem einen selbstgebauten Bohnensack, der bei mir aus einer alten Damenstrumpfhose besteht, die ich mit Linsen gefüllt habe. Eine optimalere Auflage für meine Kamera gibt es meiner Ansicht nicht.

Für das Arbeiten über dem Boden mußte ein Stativ her. Meine Wahl fiel hier auf das 055 XPRO B des italienischen Fotoausrüsters Manfrotto. Mit 7 kg zwar kein Leichtgewicht, aber dafür äußerst stabil, sehr robust und leicht zu bedienen. Zusammen mit ein paar passenden Stativ-Füßen für den Outdoorbereich war auch dies eine Investition, die ich bisher noch nicht bereut habe.

Und da man die Kamera ja schlecht starr auf das Stativ obendrauf schrauben kann, benötigte ich noch einen passenden Kugelkopf. Diese sind bei professio­nellen Stativen nämlich nicht dabei, da jeder Fotograf andere Ansprüche hat und die Wahl auch stark vom Gewicht der Kamera inklusive Objektiv abhängig ist. Ich habe mich für einen gebrauchten 322 RC2 ent­schieden - ebenfalls von der Firma Manfrotto.

Zu guter letzt kaufte ich mir dann noch einen Fernaus­löser, denn selbst das Drücken auf den eingebauten Auslöser an der Kamera kann schon zum Verwackeln führen. Mir reichte damals und auch heute noch ein einfacher Kabelfernauslöser, den es für gerademal fünf Euro an jeder "Internet-Ecke" zu erwerben gibt.

Doch selbst diese ganzen Maßnahmen reichen unter Umständen noch nicht aus, um scharfe Makroaufnahmen auf den Chip zu bekommen, denn ein weiterer Verwacklungsverursacher ist im Inneren der Kamera selbst zu suchen - der Spiegel. Besonders bei sehr langen Belichtungszeiten reicht die Erschütterung durch das Hochklappen des Spiegels, um unscharfe Ergebnisse zu erzielen. Daher ist es ratsam von vornherein die Spiegelvorauslösung der Kamera zu aktivieren - sofern vorhanden. Das bedeutet, daß beim ersten Auslösen der Spiegel nur hochgeklappt wird und erst beim zweiten die eigentliche Belichtung stattfindet. Dazwischen sollte man soviel Zeit vergehen lassen, bis sich alles "ausgeschwungen" hat - in der Regel reichen dafür ein bis zwei Sekunden.

Diese etwas umständliche Technik nutze ich heutzutage allerdings ziemlich wenig, denn irgendwann reichte mir meine EOS 350D für meine Ansprüche nicht mehr aus und es mußte etwas Neues her. Dieses neue Spielzeug besaß dann eine Liveview, das heißt, man kann schon während der Aufnahme auf dem Display der Kamera die Vorschau des späteren Fotos sehen und das sogar in Echtgröße. Aufgrund der Technik war dieses Feature bis dato nur digitalen Kompaktkameras vorbehalten.

Mein neues Baby, die Canon EOS 50D war nun jedoch mit diesem Highlight für jeden Makrofoto­grafen gesegnet und seitdem nutze ich es fast für jede Aufnahme.

Weitere Vorteile, die man erst zu schätzen weiß, wenn man sie einmal zur Verfügung hatte, waren die viel ausgereiftere Haptik, mehrere Programme zum Abspeichern von Einstellungen und ein robusteres Gehäuse. Die höhere Auflösung war eine nette Zugabe, die sich aber nur bei Entwicklungen in Postergröße wirklich bemerkbar macht.

Auch der Autofokus hatte sich im Vergleich zu dem eh schon sehr guten meiner Vorgängerkamera noch einmal deutlich verbessert. Jedoch nutze ich diesen so gut wie nie und fokusiere stattdessen meistens manuell.

Canon EOS 50D

Im Laufe der nächsten Zeit ist dann noch so einiges an Zubehör dazugekommen, das einem das Makrofoto­grafendasein ein wenig erleichtert.

Geli,Griff und Schlitten

Als erstes wäre da eine Gegenlichtblende für mein Objektiv, deren Hauptnutzen für mich viel weniger das Vermeiden von Streulicht ist, als daß sie mir beim Arbeiten auf dem Erdboden als Auflage dient und damit hilft das Objektiv zu schützen. Wie oft habe ich nach einem Shooting schon eine Hand voll Sand darin vorgefunden.

Ein weiteres Hilfsmittel für die Fotografie am Boden ist ein Batteriegriff. Außer, daß er die Akkukapazität verdoppelt, hat er nämlich noch den Vorteil, das eigentliche Gehäuse der Kamera von der Feuchtigkeit und dem Schmutz der Erde fernzuhalten. Bei der Freihandfotografie hilft er außerdem gegen Verwack­lungen, da er durch sein zusätzliche Gewicht die Trägheit der Kamera erhöht.

Beim Fotografieren mit Stativ stellt man hingegen früher oder später fest, daß man etwas benötigt, um die Kamera millimetergenau vor- und zurückzubewe­gen ohne den Fokus zu verändern oder sogar das Stativ verücken zu müssen. Abhilfe hierbei schafft ein Makroschlitten. Ich habe mich damals für einen Kreuzschlitten entschieden, den ich aber, der Unhand­lichkeit halber, auseinander genommen habe und nun nur als Einwegeschlitten verwende. Ich weiß gar nicht, wie ich früher ohne einen überhaupt ausgekom­men bin.

Meine Ansprüche stiegen jedoch weiter und mich wurmte vor allem, daß sich besonders sehr kleine Motive mit meiner bisherigen Technik nicht formatfüllend auf den Chip bannen ließen. Eine Mini-Springspinne mit einer Körpergröße von 2 mm zum Beispiel füllt den Chip meiner EOS 50D zusammen mit dem EF 100mm f/2,8 Makro USM an seiner Naheinstellgrenze, also beim Abbildungsmaßstab (ABM) von 1:1, gerade mal zu 10 %.

Mein erster Schritt in Richtung "noch größer" war deshalb die Investition in ein paar Zwischenringe, welche man zwischen Kamera und Objektiv einsetzt. Da die Naheinstellgrenze dadurch herabgesetzt wird, kommt man mit der selben Brennweite näher an sein Motiv heran und der ABM wird dadurch erhöht.

Ich entschied mich für ein Set aus 3 Stück mit 12, 20 und 36 mm der Firma Soligor. Sie sind zwar nicht das Billigste auf dem Markt, leiten aber im Gegensatz zur preiswerteren Konkurenz die elektronischen Daten des Objektives zur Kamera weiter. Alle Automatik­funktionen werden also weiter voll unterstützt.

Ein weiterer Vorteil ist, daß man sie sowohl einzeln einsetzen als auch beliebig miteinander kombinieren kann.

Zu beachten ist jedoch, daß die Vergrößerung des Abstandes zwischen Objektiv und Kamera immer mit Lichtverlust einhergeht. Die Belichtungszeiten werden dadurch also steigen.

Zwischenringe

Wenn ich alle drei meiner Zwischenringe einsetze, erhöht sich der ABM mit der oben genannten Objektiv-Kamera-Kombination auf 2:1. Super! Immerhin fast zwei Jahre hat mir das dann auch ausgereicht ;-) So ist das halt bei Männern und Technik, solange man weiß, daß es irgendwo noch etwas leistungsfähigeres gibt, will man das auch haben - und wenn Mann ein wenig spart, kann er das auch!

Mein Objekt der Begierde war das "nicht ganz so gün­stige" Lupenobjektiv MP-E 65mm von Canon. Mit einem maximalen ABM von 5:1 füllt meine anfangs erwähnte 2 mm große Springspinne den Chip meiner EOS 50D nun immerhin zu 50 Prozent - und das langt mir nun wirklich ;-)

Ein Nachteil bei so großen Abbildungsmaßstäben ist jedoch die damit verbundene immer kleiner werdende Schärfentiefe. Denn je größer der ABM, desto geringer ist bei gleicher Blende der Bereich in den Raum hinein, in dem ein Motiv scharf abgebildet wird.

Bei einem ABM von 5:1 sind das beim MP-E und einer Blende von 5,6 beispielsweise nur ca. 0.02 mm !!! Um trotzdem Bilder mit genug Schärfentiefe zu bekommen, kommt man hier meist nicht umher, sich dem sogenannten "Stacking" zu bedienen - aber dazu später mehr.

Canon MP-E 65mm

So, was fällt mir in Sachen Ausrüstung sonst noch so ein? Achja, bei den meisten Fotografen zu finden, sind immer eine Hand voll Filter, wobei man sich beim Durchmesser immer an seinem Objektiv mit der größten Ausgangsöffnung orientieren und sich für alle kleineren jeweils passende Step-Down-Ringe besorgen sollte - zumindest ist das die günstiger Variante.

Um unschöne Spiegelungen zu vermeiden, wie sie unter anderem auf den Deckflügeln vieler Käfer auftreten, nutze ich beispielsweise einen Zirkular-Polarisationsfilter der Firma Hoya. Eine gute Investition war für mich auch einmal ein UV-Filter, zumindest in der Hinsicht, daß ein solcher mal einem meiner Objektive das Leben gerettet hat, indem er statt der Frontlinse zu Bruch ging :-)

Im Moment war das erst einmal alles, aber ich gehe stark davon aus, daß da bestimmt im Laufe der nächsten Jahre noch das eine oder andere Spielzeug hinzukommt. Im Großen und Ganzen kann man aber durchaus feststellen, daß die Makrofotografie ein nicht ganz billiges Hobby ist.


2. Die Arbeitsweise

Gebe ich zum Besten, wenn ich mal wieder ein wenig Zeit habe...


Stand: März 2012